Jahressteuergesetz 2022 steht in den Startlöchern
Bereits Ende Juli hatte das Bundesfinanzministerium den Entwurf für ein Jahressteuergesetz veröffentlicht. Trotz einer Vielzahl von kleineren Anpassungen und Klarstellungen aufgrund der Rechtsprechung und der Auffassungen der Finanzverwaltung enthält der Gesetzentwurf jedoch keine umfangreichen Erleichterungen oder Steuersenkungen. Umso erfreulicher, dass eine für fast alle Erwerbstätige relevante Regelung in dem nun vorliegenden Regierungsentwurf ergänzt wurde.
Pauschbetrag für häusliches Arbeitszimmer geplant
Die Corona-Pandemie hat die Arbeitsprozesse in vielen Unternehmen nachhaltig verändert. Eine regelmäßige Tätigkeit im Homeoffice ist vielerorts auch ohne Pandemie zur Normalität geworden. Doch nicht in jedem Fall wird die Tätigkeit in einem steuerlich anzuerkennenden häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt. Mit der Home-Office-Pauschale in Höhe von 5 Euro je Arbeitstag können Arbeitnehmer die damit verbundenen Aufwendungen seit 2020 als Werbungskosten geltend machen. Die Home-Office-Pauschale soll nicht nur dauerhaft im Einkommensteuergesetz festgeschrieben, sondern ab dem Veranlagungszeitraum 2023 auch von bisher 600 Euro (120 Tage x 5 Euro) auf 1.000 Euro (200 Tage x 5 Euro) angehoben werden.
Aber auch beim häuslichen Arbeitszimmer sind Änderungen in Sicht. Wenn für die berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, waren die tatsächlich anfallenden Aufwendungen bisher auf 1.250 Euro begrenzt. Diese Kostenbegrenzung soll durch eine Jahrespauschale in Höhe von 1.250 Euro abgelöst werden. Damit müssen die anfallenden Aufwendungen nicht mehr einzeln nachgewiesen werden. Keine Änderung gibt es, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit bildet. Wie bisher dürfen alle tatsächlich anfallenden Aufwendungen geltend gemacht werden.
Zu den weiteren steuerlichen Änderungen für Unternehmer und Steuerpflichtige gehören die folgenden Regelungen.
Erträge für bestimmte Photovoltaikanlagen sollen einkommensteuerfrei gestellt werden
Einnahmen und Entnahmen, die aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen mit einer Leistung bis zu 30 kWp an oder auf Einfamilienhäusern und deren Nebengebäuden resultieren, sollen ab dem Veranlagungszeitraum 2023 steuerfrei sein. Gleiches soll für Photovoltaikanlagen an oder auf Wohngebäuden mit einer Leistung bis zu 15 kWp je Wohneinheit gelten. Befinden sich mehrere begünstigte Photovoltaikanlagen im Eigentum des Steuerpflichtigen, soll die Steuerbefreiung auf 100 kWp je Steuerpflichtigen begrenzt werden. Eine Gewinnermittlung soll dann nicht erforderlich sein. Geplant ist zudem die erstmalige Einführung eines umsatzsteuerlichen Null-Steuersatzes für die Lieferung und Installation von kleinen Photovoltaikanlagen. Im Unterschied zu einer Umsatzsteuerbefreiung ermöglicht ein Null-Steuersatz den leistenden Unternehmern weiterhin den vollen Vorsteuerabzug.
Höhere Abschreibung für neue Gebäude
Die lineare Abschreibung für Gebäude, die sich nicht in einem Betriebsvermögen befinden und die nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellt werden, wird von 2 Prozent p. a. auf 3 Prozent p. a. erhöht. Die daraus resultierende kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren soll aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der tatsächlichen Nutzungsdauer von Wohngebäuden haben, welche regelmäßig auch mehr als 50 Jahre betragen wird. Wegfallen wird dafür aber eine Ausnahmeregelung, die es bei Gebäuden derzeit in begründeten Ausnahmefällen ermöglicht, von den typisierten Abschreibungssätzen (2 Prozent, 2,5 Prozent oder 3 Prozent – je nach Gebäudeart) abzuweichen und nach einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer abzuschreiben.
Altersvorsorgeaufwendungen vollständig als Sonderausgaben abziehbar
Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungswerken und für eine Rürup-Rente sollen nun bereits ab 2023 (statt „planmäßig“ ab 2025) steuerlich komplett als Aufwendungen für die Altersvorsorge berücksichtigt werden. In 2022 ist jeder Euro zur Basisrente (maximal 25.638,60 Euro) nur mit 94 Prozent steuerlich absetzbar, insgesamt also maximal 24.100 Euro. Nach den geplanten Sozialversicherungsgrößen könnten in 2023 dann 26.527,80 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden, also 2.427,80 Euro mehr als in diesem Jahr. Ziel ist es, auf langfristige Sicht eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden.
Sparer-Pauschbetrag soll steigen
Der Sparer-Pauschbetrag soll ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von derzeit 801 Euro auf 1.000 Euro, bei Zusammenveranlagung von 1.602 Euro auf 2.000 Euro ansteigen. Um die technische Umsetzung einfach zu gestalten, ist es geplant, dass die bereits erteilten Freistellungaufträge automatisch prozentual erhöht werden. Damit muss der Steuerpflichtige nur dann tätig werden, wenn der angehobene Sparer-Pauschbetrag anders auf seine Kapitalanlagen verteilt werden soll.
Grundrentenzuschlag soll steuerfrei sein
Seit 2021 erhalten Rentner, die mindestens 33 Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben, einen Grundrentenzuschlag. Dieser beträgt nach Schätzungen im Schnitt 75 Euro monatlich. Damit der Grundrentenzuschlag in voller Höhe und ungeschmälert zur Sicherung des Lebensunterhaltes beitragen kann, soll er rückwirkend ab 1. Januar 2021 steuerfrei gestellt werden.
Ausbildungsfreibetrag soll angehoben werden
Eltern können für ein volljähriges Kind, das sich in Berufsausbildung befindet und auswärtig untergebracht ist, einen Ausbildungsfreibetrag abziehen, wenn für das Kind ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Dieser Ausbildungsfreibetrag soll ab 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro angehoben werden.
Höhere Arbeitslohngrenze für Pauschalversteuerung
Wer Arbeitnehmer kurzfristig beschäftigt, kann das Arbeitsentgelt unter bestimmten Voraussetzungen pauschal mit 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer lohnversteuern. Zu den Voraussetzungen gehört u. a., dass der Arbeitslohn je Arbeitstag durchschnittlich 120 Euro nicht übersteigt. Es ist geplant, dass diese Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung ab 2023 von 120 Euro auf 150 Euro und der maximale Stundenlohn von 15 Euro auf 19 Euro angehoben wird, damit die Pauschalversteuerungsoption angesichts steigender Mindest- und Tariflöhne ihre bisherige praktische Bedeutung auch in Zukunft behält.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen das Gesetzgebungsverfahren noch mit sich bringt.